Die Swissbau 2022 ist in ihrer kleinen, feinen und kompakten Version am 6. Mai nach vier Messetagen zu Ende gegangen. Was bleibt, ist der Eindruck, dass das Messegeschäft sich grundlegend wandeln muss.
Rund 200 Aussteller und 12.225 Besucher fanden sich dieses Jahr zu der in den Mai verschobenen und verkürzten Swissbau auf dem Messegelände in Basel ein. Doch während bei der Vorgängeredition im Januar 2020 mehr als 92.000 Messegäste und über 900 Aussteller auf 110.000 qm Ausstellungsfläche in mehreren Hallen zu finden waren, reichte dieses Mal allein und einzig die Messehalle 1.0 Nord mit rund 20.000 qm für die jüngste Zusammenkunft. Und selbst diese stark reduzierte Fläche wurde bei genauerer Betrachtung noch nicht einmal in Gänze genutzt: Klassische Aussteller (mit 12qm und mehr Standfläche) machten vielleicht einen Drittel der Messe 2022 aus, ein weiteres Drittel war dem Innovation Hub inklusive dem 270-Grad-iRoom sowie mehreren Diskussions- und Vortragsbühnen vorbehalten. Das letzte Drittel nutzte die angeschlagene Messegesellschaft MCH für Gastronomisches, eine Vielzahl an Sitzgelegenheiten sowie, sorry für den Ausdruck, «Lümmelecken».
Wo sind die Branchengrössen?
Was ist passiert mit dem einst so erfolgreichen physischen Messegeschäft am Rheinknie? Kommt nach dem Ende der Uhrenmesse nun das Aus für das Pendant in der Bau- und Immobilienwirtschaft? Man mag es meinen bei Rückgängen von etwa 80 Prozent bei den Besucher- und Ausstellerzahlen. Zwei Jahre Corona-Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen. Doch ist es nicht so, dass Corona vier Fünftel der hiesigen Branche dahingerafft hätte. Vielmehr sind bereits seit Längerem anhaltende Trends sträflich missachtet worden. Zum einen hat sich das klassische und Jahrhunderte alte Messegeschäft überholt. Zum anderen hat man es versäumt, die Branchengrössen einzuspannen und nach Basel zu holen. Keine Implenia, keine HRS, kein Steiner, kein Marti, keine WSG, kein Halter und so weiter – Stände von gestandenen Total- und Generalunternehmungen bzw. Projektentwicklern waren weit und breit leider nicht zu sehen. Einzig einige versprengte Vertreter der Baufirmen zeigten sich in den Diskussionsforen und auf der Swissbau-Hauptbühne.
Weiter grau in grau – oder doch bald wieder bunt?
Zu sehen war stattdessen eine bunte Mischung aus den verschiedensten Grautönen von Beton- und Zementanbietern bis hin zur Innendesign-Firma aus dem Kosovo. Ein wahres Farbenspiel zeigte sich einzig in verschiedenen Brauntönen: am Stand von Holzbau Schweiz und weiteren Spezialisten des nachwachsenden Baustoffes. Die bunte digitale Bauwirtschaft war einzig in kleinen Teilbereichen der Ständewelt zu finden oder bei den PropTechs und ConTechs an teils verwaisten Stehpulten im Innovation Hub. Selbst die gross angekündigte Swissbau Startup Challenge geriet zum medialen «Rohrkrepierer»: Die Messegesellschaft selbst schaffte es noch nicht einmal am Messe-Freitag oder an den Folgetagen das Gewinner-Team zu präsentieren. Das Finale am 6. Mai hatten die sechs Jungfirmen Eliona, Joulia, Luucy, Singular, Smartconext und Sun2wheel ausgetragen. Am Ende gewann jene Firma, welche eine intelligente Duschrinne erfunden hat. Gemäss RaumkulturTV müssen ab sofort Warmduscher kein schlechtes Gewissen mehr beim Energieverbrauch haben… Grosse Innovationen im Baugeschäft sehen anders aus. Man darf/muss sich fragen, wie die «Wiedergeburt» der Swissbau 2024, geplant in «etablierter Form und Grösse» (so der Messewunsch), gelingen kann.
Lernen vom Metaverse?
Wo also anfangen mit den notwendigen Veränderungen und Transformationen? Woher kommen wirkliche Innovationen, Impulse und frische Ideen? Hier drängt sich vielleicht der neue Mega-Trend Metaverse auf. Warum also nicht eine komplett digitale Messe, vielleicht dann zur Swissbau 2026, wenn die 2024er Ausgabe so richtig in die (physische) Hose gegangen ist? Ein möglicher Vorbote hat ja bereits in diesem Jahr sein Gesicht bzw. sein Projekt gezeigt: Die Firmen DesignBau, CMSBOX und Tollkirsch präsentierten an der Swissbau ihren Glo*Tower, der im virtuellen Zürich an der Uferpromenade steht. Von dem sieht man nicht nur den ganzen Bürkliplatz, sondern auch gleich die ganze Limmatstadt und weit bis ins Limmattal und sogar bis hin zu den Ostschweizer Alpen. Die scheinbar revolutionäre Idee dahinter: Retailer und Modemarken kaufen sich (crypto-basierte) Showrooms in dem imaginären 300-Meter-Turm und laden Besucher und andere Gäste rein virtuell zu sich ein. Ein Vorbild für die Bau- und die Immobilienwirtschaft und die darbende Swissbau? Mitnichten!
Let Swissbau 2026 begin – physisch und digital!
«You can’t email a handshake», heisst es seit vielen Jahren bei dem Branchennetzwerk Swiss Circle. Und dahinter steckt (noch immer!) sehr viel Wahres. Den künftigen Betreibern der Swissbau (oder einer ähnlich gelagerten Messe eventuell mit einem anderen Namen) muss es gelingen, die relevanten Akteure der Bau- und Immobilienbranche zusammenzubringen. Sie muss Ihnen die Möglichkeit zum wahren Netzwerken bieten: vis-à-vis, Aug’ in Aug’, am Bildschirm/Screen UND «in echt». Die alten Konzepte mit Messeständen sind passé. Was es braucht, sind kreative und hybride neue Ansätze, um die Massen in dem künftigen B2B2C-Business anzulocken. Relevante Themenbereiche gibt es genug für den Bausektor: Stadt- und Quartiersentwicklung, digitale Immobilien-Ökosysteme der Zukunft für Mieter, Vermieter und Eigennutzer, realistische Nachhaltigkeitsziele und eine richtige und nötige Kreislaufwirtschaft in den Bereichen Bau, Realisation, Betrieb, Management. Erst wenn diese Anspruchsgruppen entlang dem Lebenszyklus des Produktes «Immobilie» bzw. «Gebäude» direkt adressiert werden, kann die Swissbau 2026 beginnen – physisch und digital zugleich.


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