Was aus dem Social Graph Feed geworden ist und was der Content Feed mit uns macht.
Was ist ein Social Graph Feed?
Der Social Graph Feed basiert auf dem Netzwerk der Nutzer:innen: Er zeigt primär Inhalte von Freund:innen, Bekannten und direkt verbundenen Profilen (Likes, Follow) an. In der Anfangszeit von Facebook oder LinkedIn dominierte diese Logik. Der Feed war weitgehend chronologisch organisiert, sichtbar waren Posts aus dem eigenen Netzwerk. Die einzige Plattform, die auch heute noch mehrheitlich auf dem Social Graph basiert, ist LinkedIn, alle anderen haben sich vor allem den «eigenen Interessen» verschrieben.

Frühere Funktionsweise:
- Beiträge wurden überwiegend über Tags (Hashtags, Markierungen) kategorisiert.
- Empfehlungssysteme waren minimal: Man sah hauptsächlich, was Freund:innen teilten oder likten.
Was ist ein Content Feed?
Der Content Feed (auch «Interest Graph» genannt) basiert weniger auf Beziehungen, sondern auf Interessen. Algorithmen analysieren, was dich interessiert – unabhängig davon, ob du die Person kennst, die den Inhalt postet.
TikTok hat diesen Trend massiv befeuert: Inhalte werden nach «Relevanz» (Für wen? Die User oder die Plattform ;)?) und Aufmerksamkeit, nicht nach Herkunft sortiert.
Entwicklung in den letzten Jahren
Social Graph Feeds und Content Feeds haben sich in den letzten Jahren stark verändert:
Zeitraum | Social Graph Feed | Content Feed |
Frühe 2010er | Dominant auf Facebook, LinkedIn | Kaum vorhanden, Hashtags dominieren |
Mitte 2010er | Algorithmen passen Feeds basierend auf Engagement an | Erste interest-basierte Empfehlungen (z.B. Instagram Explore) |
2020er | Bedeutungsverlust auf vielen Plattformen | Dominanz auf TikTok, YouTube, Instagram Reels |
Was bedeutet das für User:innen?
Filterblasen:
- Früher: Bestätigungsblasen aus dem persönlichen Netzwerk.
- Heute: Algorithmische Filterblasen, verstärkt durch Interessen-getriebene Relevanz. Was Aufmerksamkeit und Interaktion generiert, wird von den Plattformen gepusht.
Entdeckung neuer Inhalte:
- Früher: Geteilt von Freund:innen.
- Heute: Serendipität durch KI – aber auch Risiko von einseitigen Interessenblasen und Manipulation.
Content-Überflutung:
- Inhalte sind endlos – das erzeugt Stress und kann zu «Choice Overload» führen.
Von getaggten Empfehlungen zur algorithmischen Steuerung
Anfänge: Empfehlungen durch manuelle Tags (Hashtags auf Social Media, Tags auf Blogs und News-Portalen).
Heute: KI-Modelle analysieren Verhalten, Interaktion und Scroll-Geschwindigkeit.
Veränderung: Weniger Kontrolle durch User:innen, mehr Steuerung durch Algorithmen.
Ergänzende Themen
1. Regulierung und Transparenz:
EU Digital Services Act (DSA) verlangt mehr Offenlegung der Empfehlungslogiken. Forderung nach «algorithmischer Transparenz» wächst.
2. Psychologische Effekte:
Stärkere emotionale Reaktionen, da Algorithmen Inhalte priorisieren, die intensive Reaktionen hervorrufen. Erhöhte Nutzungsdauer und auch Anstieg von Mental-Health-Problemen.
3. Dezentralisierte Netzwerke:
Neue Plattformen wie Mastodon oder Bluesky setzen auf einen offenen, chronologischen Feed – ein Gegenmodell zum algorithmischen Content Feed.
4. Creator Economy:
Verschiebung: Wer erfolgreich sein will, optimiert Content für Algorithmen, nicht mehr für die eigene Community.
Fazit
Der Wechsel vom Social Graph zum Content Feed hat den Zugang zu Inhalten demokratisiert, aber auch neue Risiken geschaffen: algorithmische Filterblasen statt sozialer. User:innen haben heute weniger Einfluss auf das, was sie sehen – und die Plattformen mehr Kontrolle denn je.
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