Aktuell reicht ein Blick in einen Slack-Kanal oder ein kurzes Scrollen durch WhatsApp-Gruppen, um zu merken: Die Künstliche Intelligenz ist da – und sie will reden. Bots fassen Gesprächsverläufe zusammen, begrüssen penetrant auf Websites und berichten von Kollegen, die krank zu Hause bleiben oder gerade einen Text aktualisiert haben. Willkommen in der Ära der digitalen Assistenten – oder doch der digitalen Aufdringlichkeit?
Künstliche Intelligenz: Was schon funktioniert – und was noch Zukunftsmusik ist
Der Hype um Künstliche Intelligenz ist ungebrochen. Doch zwischen visionären Versprechen und ernüchternden Praxiserfahrungen stellt sich die Frage: Wo bringt KI heute schon echten Mehrwert? Wo lohnt sich ein genauer Blick? Und was bleibt (noch) Science-Fiction?
Was funktioniert heute und bringt echten Mehrwert
1. Kundenservice automatisieren – skalierbar und effizient
KI-Agenten wie von Cognigy oder Salesforce bearbeiten täglich tausende Anfragen. Sie erkennen Absicht, erfassen Inhalte semantisch korrekt, lösen einfache Anliegen (z. B. Retouren, Statusabfragen) und dokumentieren alles systematisch.
Beispiel: Ein Werkstoffproduzent konnte mit KI-Agenten 80 % aller Standardanfragen automatisieren – bei gleichbleibender Kundenzufriedenheit und sinkenden Bearbeitungskosten.
2. Meeting- und Wissensassistenten entlasten Teams
Tools wie Fathom, Nyota oder Notion AI Q&A protokollieren Besprechungen, extrahieren Aufgaben und bieten teamgerechte Zusammenfassungen.
Was bringt’s konkret?
– Weniger Zeitaufwand für Nachbereitung
– Automatisierte To-do-Listen
– Gemeinsamer Wissensstand in Echtzeit
3. Content-Produktion in Marketing & Kommunikation
Midjourney erstellt visuelle Konzepte, Synthesia produziert Videos mit Avataren, und Sudowrite hilft beim Verfassen komplexer Texte. Diese Tools ermöglichen kleinen Teams, professionelle Inhalte in Minuten statt Tagen zu erstellen. Auch reguläre LLMs wie ChatGPT, Claude, Gemini, etc. leisten als Basis sehr gute Dienste bei der Erstellung von Texten.
4. Codierung und Debugging
Claude Sonnet oder GitHub Copilot unterstützen Entwickler:innen bei Code-Erstellung, Fehlersuche und Strukturierung – mit hoher Präzision und Zeitersparnis.
Was ist gut unterwegs – und bringt bei präziser Nutzung Mehrwert
1. Operatoren und Multi-Tool-KI
Operatoren buchen Flüge, suchen Produkte oder erstellen Kalender-Einträge. In der Theorie spannend – in der Praxis oft noch hakelig und zu langsam.
2. KI in der Industrie
Von vorausschauender Wartung bis zu Produktionsoptimierung durch Sensordatenanalyse: viele Anwendungen zeigen positive Effekte – aber nur bei guter Datenqualität und klaren Prozessen.
Beispiel: Schweizer Energieunternehmen wie BKW nutzen KI zur Verbrauchsprognose und Netzsteuerung – mit ökologischen und ökonomischen Vorteilen.
3. Personal und HR
Tools wie Textio oder CVViZ helfen bei Stellenanzeigen und Bewerbungsanalysen. Doch sie spiegeln oft nur vorhandene Daten und reproduzieren dabei bestehende Vorurteile – ein ethisch sensibles Feld.
Was ist (noch) Zukunftsmusik
1. Vollautomatisierte Unternehmensführung
Die Vision, dass KI ganze Abteilungen ersetzt, ist derzeit noch überzeichnet. Entscheidungsprozesse, Empathie, Führung und Ethik bleiben menschlich.
2. Generative Superintelligenz
Zwar gibt es Fortschritte in Richtung «General AI», doch aktuell sind alle Anwendungen spezialisierte Systeme – leistungsstark, aber ohne echtes Verständnis.
3. Emotionale Intelligenz
Obwohl Tools wie ElevenLabs Stimmen erstaunlich realistisch imitieren, fehlt ihnen emotionale Tiefe. Das Gespräch mit einem echten Menschen bleibt einzigartig.
Exkurs: KI-Assistenten – zwischen Hoffnung und Überforderung
Was sie können:
– Nachrichten zusammenfassen
– To-dos automatisch vorschlagen
– Konversationen transkribieren und strukturieren
Was sie (noch) nicht können:
– Kontext sensibel interpretieren
– Prioritäten situationsgerecht gewichten
– echte Teamdynamik erfassen
Beispiel aus dem Alltag: Ein Slack-Bot meldet nüchtern: «Du hast 6 Minuten gespart, weil du 48 Nachrichten überflogen hast.» Doch er unterscheidet nicht zwischen Small Talk und geschäftskritischen Infos – das führt zu Frust statt Entlastung.
Fazit zum Exkurs:
Derzeit sind KI-Assistenten oft mehr Notizblock als Sekretär – hilfreich, aber nicht autonom entscheidungsfähig. Für echte Entlastung braucht es bessere Integration, Personalisierung und Kontextverständnis.
Schlussgedanke: KI ist ein Werkzeug – und bleibt es
Der Schlüssel liegt im menschlichen Umgang mit KI. Systeme, die gut trainiert, sinnvoll eingebettet und kritisch genutzt werden, liefern Mehrwert. Doch der Mensch bleibt das Mass der Dinge: als Entscheider, als Ethiker, als Kommunikator.
Oder wie es ein bekannter Experte vor Kurzem formuliert hat:
«Wir sollten aufhören, KI wie einen Kollegen zu behandeln – und anfangen, sie wie einen Taschenrechner zu nutzen: effizient, zuverlässig und mit Verstand.»
Exkurs II: RPA vs. KI-Assistenten – Automatisierung im Wandel
Robotic Process Automation (RPA) galt über Jahre hinweg als der Goldstandard, wenn es um die Automatisierung repetitiver Geschäftsprozesse ging. RPA-Tools imitieren regelbasierte menschliche Interaktionen mit Software-Oberflächen – etwa das Ausfüllen von Formularen, das Übertragen von Daten oder das Auslösen von Workflows.
Was RPA kann
- Wiederholbare Prozesse ohne Variabilität
- Klare «Wenn-Dann»-Regeln
- Ideal bei strukturierter Datenlage
Beispiel: Ein RPA-Bot überträgt täglich Rechnungsdaten von einem E-Mail-Anhang in ein ERP-System, ohne Kontext oder Interpretation.
Was KI-Assistenten anders (und mehr) machen
Moderne KI-Assistenten sind datengetrieben, kontextsensitiv und adaptiv. Sie kombinieren Natural Language Processing (NLP), Machine Learning und semantische Analyse, um aus unstrukturierten Daten sinnvolle Handlungen abzuleiten.
Unterschiede zu RPA:
- «Verstehen» statt nur ausführen
- Lernen und anpassen, nicht nur Befehle abarbeiten
- Fähigkeit zur Interaktion mit Nutzenden in natürlicher Sprache
Beispiel: Ein KI-Assistent erkennt, dass eine Kundin eine Rücksendung anfragt – auch wenn sie nur schreibt «Leider passt das Teil nicht». Er generiert daraufhin automatisch ein Retourenlabel, informiert das Lager und antwortet empathisch.
Fazit:
RPA automatisiert strukturierte Prozesse. Während RPA vor allem Effizienzgewinne in stabilen Abläufen bringt, ermöglichen KI-gestützte Systeme intelligentere und flexiblere Workflows, auch in dynamischen und kommunikativen Kontexten.
Und zu guter Letzt – Exkurs III: Unser Marketing-Audit automatisiert – So haben wir’s gemacht
Wie lässt sich unser Marketing-Audit standardisieren, automatisieren – und das ganz ohne Zugang zu internen Kundendaten? Genau das haben wir uns gefragt. Die Lösung: Ein KI-gestützter Assistent, der öffentlich zugängliche Informationen nutzt und daraus strukturierte Analysen und konkrete Empfehlungen erstellt. Hier zeigen wir, wie wir dies gemacht haben.
Der Prozess im Überblick
1. Website-Crawling/-Scraping:
Wir nutzen Tools wie Browse AI, um Inhalte, Texte, Bilder und Struktur der Kundenwebsite automatisiert auszulesen.
2. Analyse mit GPT:
Die extrahierten Inhalte werden in einem LLM verarbeitet, die:
- Inhalte interpretiert (z. B. Tonalität, Call-to-Actions, Navigation)
- SEO-Probleme erkennt (z. B. Meta-Tags, Keywords)
- Stärken/Schwächen bewertet
- konkrete Optimierungsvorschläge generiert
3. Strukturierter Audit-Output:
- Alle Erkenntnisse werden in die bestehende Audit-Tabelle überführt.
- Verschiedene Automatisierungsschritte und Verknüpfungen mit Make (SEO-Tool ubersuggest und weitere nach Bedarf).
- Diese Tabelle kann als Google Sheet, Notion-Dashboard oder PDF exportiert werden.
Die automatisierte Analyse nimmt uns natürlich nicht unsere Arbeit ab, stellt aber eine oft erstaunlich gute Basis für die Weiterentwicklung der Analyse und Beratung zur Verfügung.
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