Smart City: Vom digitalen Experiment zur lebenswerten Realität

Digitalisierung kann vieles. Aber erst wenn sie das Leben von Menschen verbessert, wird sie wirklich smart. Es ist Zeit, die Smart City neu zu denken – als Werkzeug für menschliche, nachhaltige Stadtentwicklung.

Zwischen App und Alltag: Wo steht die Smart City?

Das Label «Smart City» hat gelitten. Zu viele isolierte Projekte, zu viele Erwartungen – und zu wenig Veränderung. Der Prognos Trendreport 2025 bringt es auf den Punkt: Es gab Lichtblicke, mutige Ideen und tolle Einzelprojekte. Aber was fehlt, ist der systematische Schritt nach vorn: die Verstetigung. Die Struktur. Der Transfer.

Digitalisierung ist kein Bonus – sie ist Infrastruktur

Die Smart City muss raus aus der Innovations-Ecke und rein in die Daseinsvorsorge. So sieht es auch Dr. Jens Meier vom VKU, der im Trendreport Digitalisierung als neuen kommunalen Grundversorgungsauftrag beschreibt. Und das zu Recht: Klimawandel, soziale Disparitäten, überlastete Verwaltungen – sie alle fordern neue Werkzeuge. Smart City ist kein Gimmick mehr. Sie ist Pflichtprogramm.

Aber: Was heisst das konkret?

Der Mensch im Mittelpunkt – nicht der Algorithmus

Hier kommt Jan Gehl ins Spiel. Seine Philosophie «Leben zwischen Häusern» erinnert uns daran, worum es bei Stadtentwicklung eigentlich geht: um Menschen. Um Begegnung, Aufenthaltsqualität, soziale Nähe. Digitalisierung darf das nicht ersetzen, sondern muss es ermöglichen.

Smart City heisst dann:

  • digitale Tools, die das Quartier stärken statt es zu überwachen,
  • Sensoren, die helfen statt gängeln,
  • Plattformen, die Beteiligung fördern statt nur Daten sammeln.

15-Minuten-Stadt: Die Idee, die alles zusammenbringt

Ein greifbares Zukunftsbild liefert das Modell der 15-Minuten-Stadt. Alle alltäglichen Bedürfnisse – Arbeit, Bildung, Einkauf, Freizeit – sollen in 15 Minuten erreichbar sein. Die Smart City liefert dazu die Infrastruktur: Mobilitätsdaten, Verkehrslenkung, Energieoptimierung, Verwaltungsplattformen.

Doch das Ziel bleibt klar: eine kompakte, vielfältige, resiliente Stadt, in der Menschen sich wohlfühlen. Smart City wird hier zur digitalen Ermöglicherin des urbanen Miteinanders – nicht zum Selbstzweck.

Transfer statt Test: Was jetzt passieren muss

Laut Trendreport stehen viele Kommunen an der Schwelle zur Transferphase. Jetzt braucht es:

  • eine neue Förderlogik, die nicht nur experimentiert, sondern verstetigt,
  • offene Plattformen und Standards, damit Wissen skalieren kann,
  • politischen Mut, Smart City als Infrastruktur zu begreifen – und nicht als Projekt.

Fazit: Von der Technik zur Stadt der Zukunft

Smart City ist dann gut, wenn sie das Leben in der Stadt besser macht. Nicht smarter, sondern lebenswerter. Wenn sie die Visionen von Jan Gehl und die Strukturen der 15-Minuten-Stadt zusammenführt – getragen von einem digitalen Rückgrat, das nicht kontrolliert, sondern stärkt.

Es ist Zeit, die Smart City zu entmystifizieren. Und sie dort zu verankern, wo sie hingehört: im Herzen der Stadt, zwischen den Häusern, bei den Menschen.


Exkurs: Citiverse – Europas digitale Stadtvision

Während viele Kommunen noch damit ringen, Smart City als dauerhafte Struktur zu etablieren, geht Europa bereits den nächsten grossen Schritt: Citiverse.

Was klingt wie Science Fiction, ist Realität: Ein europaweites Konsortium – offiziell «Networked Local Digital Twins towards the Citiverse EDIC» – verbindet digitale Zwillinge, KI, AR/VR und Bürgerbeteiligung zu einer neuen Plattform urbaner Gestaltung.

Das Ziel: Interaktive, datengetriebene, partizipative Stadtplanung in Echtzeit – europaweit vernetzt.

Was macht Citiverse besonders?

  • Digitale Zwillinge werden zur Grundlage smarter Entscheidungen – live, vorausschauend, transparent.
  • Bürgerbeteiligung per AR/VR wird Realität – Projekte lassen sich virtuell begehen, erleben, bewerten.
  • Künstliche Intelligenz hilft, komplexe urbane Probleme wie Verkehr oder Luftqualität gezielt zu steuern.
  • Über 100 europäische Städte sollen bis 2026 Teil dieses Ökosystems werden – mit bereits über 80 Millionen Euro Förderung.

Was hat das mit unserem Beitrag zu tun?

Citiverse ist die logische Weiterentwicklung dessen, was in Deutschland vielerorts noch als «Spielerei» diskutiert wird. Es zeigt, wohin die Reise geht, wenn Smart City ernst genommen, strukturell gedacht und europäisch vernetzt wird.

Wo Jan Gehl vom «Leben zwischen Häusern» spricht und die 15-Minuten-Stadt neue Nähe schafft, liefert Citiverse das digitale Rückgrat für diese Vision: menschlich, vernetzt, vorausgedacht.

Fazit des Exkurses:

Smart City endet nicht beim Parksensor. Sie beginnt da, wo Menschen, Daten, Technologien und politische Vision zusammenwirken. Und Citiverse zeigt: Die Zukunft ist vernetzt.

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