Der Markt regelt alles, so der liberale Glaube an ein «Laissez-faire» des Staates und aller anderen Stakeholder am Markt. Gerade bei Umweltthemen zeigt sich seit Langem und immer mehr, dass der Markt versagt, solange Marktteilnehmer einen erheblichen Teil der Kosten externalisieren können.
Externalisierte Kosten haben einen signifikanten Einfluss auf wirtschaftliche Entscheidungen. Bei externalisierten Kosten handelt es sich um Kosten, die nicht von denjenigen getragen werden, die sie verursachen, sondern von anderen Parteien oder der Gesellschaft insgesamt. Diese Kosten werden häufig von Unternehmen oder Einzelpersonen auf die Umwelt, die öffentliche Gesundheit oder andere Akteure externalisiert.
Wie erreichen wir mehr Kostenwahrheit?
Das deutsche Wirtschaftsmagazin brand eins zitiert in der aktuellen Ausgabe «Neue Werte» im Artikel «Der Naturmarkt» den italienischen Ökonomen Paolo Quattrone wie folgt: «Zahlen seien für die Jesuiten keine direkte Repräsentation von Wert gewesen, sondern nur ein Behelf, um eine mehrdeutige Welt besser zu erfassen. Die Jesuiten hätten das Bestimmen von Wert als etwas Offenes, nicht Abschließbares begriffen. Dieses Verständnis von Buchhaltung ist uns in den vergangenen Jahrzehnten nahezu vollständig verloren gegangen. Stattdessen habe ein naiver Glaube an die Märkte Einzug gehalten.»
Wenn Kosten externalisiert werden, haben die verursachenden Parteien keinen Anreiz, diese Kosten in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen. Dies führt zu einer Verzerrung der wirtschaftlichen Entscheidungen, da die wahren Kosten einer bestimmten Aktivität oder Produktion nicht berücksichtigt werden. Unternehmen können beispielsweise die Umweltverschmutzung verursachen, aber die Kosten für die Reinigung oder die gesundheitlichen Auswirkungen auf die Gemeinschaft werden von anderen getragen. Die Externalisierung von Kosten führt zu einer verzerrten Preisbildung und kann dazu führen, dass umweltschädliche oder gesundheitsgefährdende Aktivitäten als wirtschaftlich rentabel erscheinen, obwohl sie tatsächlich negative Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft und Gesellschaft haben. Wenn die Externalisierung von Kosten nicht korrigiert wird, können Ressourcen ineffizient genutzt und nachhaltiges Wirtschaftswachstum gefährdet werden. Inzwischen sagt sogar der amerikanische Unternehmer und ehemalige New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg: «Climate risk, is financial risk.» Nur eine Gesamtbetrachtung von Risiken und Kosten führen zu einer langfristig verlässlichen Risikobeurteilung und zu echtem Fortschritt.
Um mehr Kostenwahrheit zu erreichen, gibt es verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit besteht darin, externe Kosten zu internalisieren, indem Umweltabgaben wie zum Beispiel CO2-Preise bestimmt und bei wirtschaftlicher Tätigkeit und/oder Konsum fällig werden. Eine andere Lösung besteht darin, Regulierungen und Standards einzuführen, um umweltfreundliche Praktiken zu fördern und schädliche Aktivitäten einzuschränken. Dies ist bestimmt noch weniger im Sinne von Markt-Gläubigen – oder doch nicht, wie die Abstimmung in der Schweiz zum Klimaschutz-Gesetz gerade gezeigt hat?
Indem die externalisierten Kosten in die wirtschaftlichen Entscheidungen einbezogen werden, können Unternehmen und Einzelpersonen besser informierte Entscheidungen treffen, die sowohl ökonomische als auch soziale und ökologische Aspekte berücksichtigen. Dies kann zu einer nachhaltigeren und langfristig vorteilhafteren Wirtschaftsentwicklung führen.
Die CO2-Bepreisung, ein Allheilmittel?
Die Bepreisung von CO2-Emissionen ist ein Ansatz, um die externalisierten Kosten im Zusammenhang mit dem Klimawandel und der Umweltverschmutzung zu internalisieren. Es handelt sich um eine Form der Umweltbesteuerung, bei der Unternehmen und Einzelpersonen für ihre CO2-Emissionen zur Verantwortung gezogen werden. Die Bepreisung von CO2 kann dazu beitragen, die externen Kosten des Klimawandels zu internalisieren, indem sie Anreize für eine Verringerung der Treibhausgasemissionen schafft.
Um externalisierte Kosten effektiv zu berücksichtigen, müssen auch andere Umweltprobleme und gesellschaftliche Auswirkungen einbezogen werden. Dazu gehören beispielsweise die Verschmutzung von Gewässern, die Abholzung von Wäldern oder die Gesundheitsschäden durch Umweltverschmutzung.
Welchen Wert haben Güter wie die Umwelt oder «echter Fortschritt»?
Die kontingente Bewertung ist eine Methode der Umweltökonomie, die verwendet wird, um den monetären Wert von Gütern oder Dienstleistungen zu ermitteln, die nicht am Markt gehandelt werden und daher keinen direkten Preis haben. Diese Methode kann einen Beitrag zu globalen Herausforderungen leisten, indem sie Informationen über die Präferenzen und Werte der Menschen in Bezug auf Umweltgüter und -dienstleistungen liefert.
Der Genuine Progress Indicator (GPI), auf deutsch Indikator echten Fortschritts, ist ein alternatives Mass für wirtschaftlichen Fortschritt und Wohlstand, das über das traditionelle Bruttoinlandsprodukt (BIP) hinausgeht. Während das BIP den Gesamtwert aller produzierten Güter und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft misst, versucht der GPI, eine umfassendere Bewertung vorzunehmen, die auch soziale und ökologische Faktoren berücksichtigt. Der GPI basiert auf der Idee, dass das Wohlergehen einer Gesellschaft nicht nur durch ökonomische Aktivitäten gemessen werden sollte, sondern auch durch den Einfluss sozialer und ökologischer Faktoren. Er versucht, den Wert von unbezahlter Hausarbeit, Freiwilligenarbeit, Freizeit, natürlichen Ressourcen und Umweltauswirkungen zu berücksichtigen.
Ein spannender Ansatz gerade im Hinblick auf Circular Design und Economy, hat der Kunsthistoriker und Medientheoretiker Boris Groys die Idee entwickelt, das Neue als Wert zu sehen, der sich durch die Umgestaltung des Alten ergibt. Das Neue wird nicht durch seine Eigenschaften und Qualitäten definiert, sondern durch seine Beziehung zum Alten.
Ob diese Idee allerdings praktikabel ist, lässt sich bezweifeln, wenn sich Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bis anhin kaum auf einen gemeinsamen Nenner für Kostenwahrheit und die Definition und Bewertung von externen Kosten einigen konnten.
Und was sagt ChatGPT dazu? Einmal mehr eine durchaus interessante Zusammenfassung.
Wie können die moderne Gesellschaft und Wirtschaft Kostenwahrheit im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Umwelt erreichen?
Die Erreichung von Kostenwahrheit im Sinne von Wirtschaftlichkeit und Umwelt ist eine komplexe Aufgabe, die ein Zusammenspiel verschiedener Ansätze erfordert. Hier sind einige Möglichkeiten, wie moderne Gesellschaften und Wirtschaftssysteme dazu beitragen können:
- Internalisierung externer Kosten: Externe Kosten sind die negativen Auswirkungen wirtschaftlicher Aktivitäten, die nicht in den Preisen der Produkte oder Dienstleistungen reflektiert werden. Durch die Internalisierung externer Kosten können die tatsächlichen Umwelt- und sozialen Auswirkungen in die Preise einbezogen werden. Dies kann beispielsweise durch die Einführung von Umweltabgaben, Emissionshandelssystemen oder die Verwendung von ökonomischen Instrumenten wie internalisierten Umweltkosten geschehen. Dadurch werden Anreize geschaffen, um ressourceneffizientere und umweltfreundlichere Praktiken zu fördern.
- Förderung nachhaltiger Technologien und Innovationen: Die Unterstützung von Forschung und Entwicklung sowie die Förderung von nachhaltigen Technologien und Innovationen sind wichtige Schritte, um wirtschaftliche und umweltbezogene Ziele zu vereinen. Durch Anreize wie Subventionen, Steuervergünstigungen oder öffentliche Aufträge können Unternehmen dazu ermutigt werden, in umweltfreundliche Technologien zu investieren und nachhaltige Geschäftspraktiken zu implementieren.
- Transparente Informationen und Kennzeichnung: Eine transparente Informationsbereitstellung über die Umweltauswirkungen von Produkten und Dienstleistungen kann den Verbrauchern helfen, fundierte Entscheidungen zu treffen und umweltfreundlichere Optionen zu wählen. Verbraucherfreundliche Kennzeichnungssysteme, wie beispielsweise Umweltzeichen oder Nachhaltigkeitslabels, können dabei unterstützen, indem sie Informationen über die Umweltleistung von Produkten transparent machen.
- Stärkung der Kreislaufwirtschaft: Eine effektive Nutzung von Ressourcen durch Förderung der Kreislaufwirtschaft kann dazu beitragen, die Umweltauswirkungen zu verringern und gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile zu erzielen. Dies beinhaltet Maßnahmen wie Recycling, Wiederverwendung, Reparatur und Ressourceneffizienz. Durch Anreize wie steuerliche Erleichterungen, Abfallgebühren oder Pfandsysteme können Unternehmen und Verbraucher dazu motiviert werden, nachhaltige Praktiken zu übernehmen.
- Integration von Umweltzielen in politische Entscheidungen: Die Integration von Umweltzielen in politische Entscheidungsprozesse auf nationaler und internationaler Ebene ist entscheidend. Dies erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Unternehmen, Zivilgesellschaft und anderen Interessengruppen, um politische Rahmenbedingungen und Regulierungen zu entwickeln, die sowohl wirtschaftliche Effizienz als auch Umweltbelange berücksichtigen.
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