«Die weltweite Raumfahrtindustrie mit einem Umsatz von rund 366 Milliarden Dollar wird bis 2040 auf über 1 Billion Dollar anwachsen. Gleichzeitig spielen Weltraumanwendungen wie Erdbeobachtung und Geolokalisierung eine immer wichtigere Rolle, wenn es darum geht, globale Herausforderungen wie Klimawandel und Ressourcenmanagement zu überwachen, zu verstehen und zu bewältigen.», schreibt Space4Impact auf ihrer Website. Space4Impact ist ein Spin-off der EPFL und war einer der Hosts des Events «Data Challenges in Sustainable Real Estate – Solutions using Satellite Images» am 30. März 2023 in Winterthur. Ein Monster-Titel, aber ebenso inspirierend und interessant war der Event im Rahmen der Networking Event Series von Innosuisse. Die beiden anderen Hosts waren die ZHAW und Swiss Sustainable Finance.
Wird’s jetzt einfacher? Nicht für Menschen, die sich bisher nicht mit Satellitendaten und -bildern auf akademischer Stufe auseinandergesetzt haben. Wie ich einer bin. Wir stellen folgend Unternehmen und Ideen vor, die Klimarisiken messen und Informationen zur Verfügung stellen, Menschen und Investments durch bessere Entscheidungen zu schützen.
Ein Exkurs in Fernerkundung
Fernerkundung lässt sich grundsätzlich einfach definieren: «Fernerkundung, remote sensing (engl.), télédétection (franz.), berührungsfreies Messen, Messen über Distanzen, Sammelbegriff für die Technologie der Erdbeobachtung aus dem Weltraum bzw. aus der Luft sowie für die Methoden der Verarbeitung der dabei gewonnenen Daten (digitale Bildverarbeitung, Bildanalyse).», fasst das Magazin Spektrum der Wissenschaft zusammen. Fernerkundung wird von Satelliten, Flugzeugen und Drohnen aus gemacht und wird immer wichtiger, um global und auch lokal schnell und zuverlässig zu analysieren, um Entscheidungen zu treffen und Risiken zu managen. Für die Landwirtschaft, Immobilien, Finanzen – ganz allgemein für das Monitoring der Atmosphäre sowie Wasser- und Landoberfläche. Zu einem grossen Teil geht es um Klimarisiken, die einen immensen Einfluss auf Menschen, Lebensräume und Assets haben.
Es gibt aktive und passive Sensoren und es wird zwischen optischen, Radar- und Thermal-Sensoren mit verschiedenen Auflösungen unterschieden.
Im Oktober 1957 schossen die Russen den ersten Satelliten in den Orbit, im April 2022 kreisten ca. 5’500 Satelliten um die Erde. Schon heute steuert Starlink von Elon Musk/SpaceX mit ca. 3’300 Satelliten mit Abstand die meisten Satelliten um den Erdball, um Internet und andere Dienste anzubieten. Und es sollen noch mehr werden: bis zu 12’000 oder gar 30’000 im Endausbau. Ca. 20% aller Satelliten bzw. der erfassten Daten stehen zur freien Nutzung zur Verfügung.
Zurück zum Programm
Alexandros Gratsias, Head of Sustainable Real Estate Investments der Bank Sarasin, machte mit folgenden Key Messages den Anfang: Das Risikobewusstsein und -management in Bezug auf die Transformation und die Naturgefahren ist von entscheidender Bedeutung. Die Datenverwaltung und ESG-Berichterstattung erfordern digitale Lösungen – mit der Zusatzinfo, dass es für Banken aufgrund mangelnder Lösungen bis dahin noch ein weiter Weg ist. Noch ist es einfach(er) möglich, sich zu differenzieren und ein «Greenium» zu schaffen, Brown Discounts gilt es zu vermeiden.
Mehr Energieeffizienz durch Satelliten, Digitale Zwillinge und künstliche Intelligenz
Satellite Vu aus UK entwickelt für die Optimierung und Transformation bestehender Gebäude einen Satelliten-gestützten Wärmeverlustindex. Dazu setzt das Unternehmen auf eigene hochauflösende Wärmebildsatelliten und wird bis Ende 2025 mit acht Satelliten in der Lage sein, den Wärmeverlust von Gebäuden sowie den Energieverbrauch von beispielsweise Industrieprozessen zu verschiedenen Tages- und Nachtzeiten genau zu messen. Diese Technologie macht es möglich, Veränderungen und Aktivitäten in der gebauten und umgebenden natürlichen Umwelt zu verstehen, die mit herkömmlichen Bildern im sichtbaren Wellenlängenbereich nicht erfasst werden können. Satellite Vu möchte mit ihrer Technologie vor allem das Problem lösen, dass bestehende Methoden zur Messung der Energieeffizienz mehrheitlich auf Selbstauskünften basiert. Mit transparenten, genauen Daten wird das Startup zu richtigen Entscheidungen beitragen und Greenwashing entgegenwirken.
Das Schweizer Startup Urbio ist eine Webplattform/SaaS, die den Übergang zu einer sauberen Energieversorgung beschleunigt. Aus verschiedenen Datenquellen berechnet Urbio für Solaranlagen oder Fernwärmenetze die besten Massnahmen und bereitet damit Investitionsentscheidungen vor. Mit Digitalen Zwillingen und verschiedenen Geoinformationen simuliert das Unternehmen AI-unterstützt die besten Lösungen.
Deeptech, Simulation und Due-Diligence für bessere Entscheidungen
Intensel ist eine digitale Plattform zur Analyse von Klimarisiken auf Portfolio- und Vermögensebene. Ziel sind die Immobilien-Due-Diligence und -Resilienzplanung. Fokus sind unter anderem Asien und speziell Hong Kong, wo das Unternehmen gegründet wurde. Das Deeptech-Unternehmen nutzt Künstliche Intelligenz, Satellitendaten, Big Data und Klimamodelle, um Risiken wie Starkregen, Fluten, Stürme, Extremtemperaturen und Trockenheit vorherzusagen. Der «Climate Value-at-Risk»/CVaR spiegelt den maximalen Verlustbetrag wider, der über einen Zeitraum von einem Jahr zu erwarten ist. Die Daten und Szenarien Intensels sind beispielsweise auch nützlich, um die zukünftige Leistung von Windkraftanlagen zu quantifizieren. Im Gegensatz zu anderen existierenden Winddaten aus verschiedenen Quellen, die nur auf historischen Daten basieren, bietet Intensel Daten, die neben Wind auch andere klimatische Faktoren einbeziehen, um eine realistischere Prognose zu ermöglichen.
Das ETH-Spin-off UrbanDataLab ist spezialisiert auf Räumliche KI und Simulation sowie Stadtmorphologie. Mit der Nutzung von Technologien des räumlichen maschinellen Lernens ermöglicht das Startup Umsatzprognosen, Risikomodellierung und Standortentscheidungen. Das CUREM nutzt das Know-how von UDL zum Beispiel, um das Umfeld eines Standortes zu bewerten und die relevanten Merkmale zusammenfassen. Es hilft, den idealen Nutzermix zu identifizieren und Wettbewerbsanalysen durchzuführen. Generali Schweiz hat einen räumlichen Modellierungsansatz von UDL verwendet, um das Kundenverhalten bei Lebensversicherungen zu verstehen: Aus räumlichen Mustern in Kundendaten konnte abgeleitet werden, welche Lebensversicherungsprämie ein Haushalt zu zahlen bereit ist.
Last but not least stellte Sustainaccount seine «Climate Intelligence Platform» vor. Das Unternehmen sammelt Datenpunkte über ökonometrische Entwicklungen, Klima- und Wetterdaten und kombiniert diese mit Zukunftsszenarien und Simulationen. Anhand der drei Kriterien Gebäudeart, Risiken wie Hitze, Sturm oder Regen und Elementen von Gebäuden wie dem Dach, der Fassade und der Umgebung wird die Resilienz von Objekten bezüglich Klimarisiken ermittelt. Zusammen mit Partnern hat Sustainaccount zudem ein Prognosesystem entwickelt, das die Auswirkungen von transitorischen Risiken wie der CO2-Bepreisung und physischen Klimarisiken wie Stürmen, Hitzewellen und Extremniederschlägen auf den Wert der Immobilie auf der Grundlage weniger Basisdaten der Immobilie berechnet. Dies ermöglicht Analysen von Klimarisiken und Handlungsoptionen zur Reduzierung von CO2-Emissionen bereits beim Kauf von Gebäuden.
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