Oder welche Rolle nimmt der Architekt im digitalen Planen und Bauen ein?
Planungs- und Bauprozesse verändern sich fundamental. Der gesamte Bauprozess ist verglichen mit anderen Industrien zwar nach wie vor unterdigitalisiert, die Planung und Produktion haben sich aber als Anfang schon stark verändert. Die Baubranche wurde in weiten Teilen noch von Disruptionen verschont, auch wenn verschiedene Startups versuchen, den gesamten Bauprozess zu integrieren. Was ist nötig, damit die Planung und Umsetzung von Gebäuden zielgerichtet und effizient ist sowie mehr Sicherheit bietet? Und wie verändern sich dabei die Rollen, der in den Prozess Involvierten? Bisher hat sich vor allem die Phase der Planung verändert oder ist nach wie vor dabei, sich zu verändern. «BIM» sei Dank.
Ist der Architekt nun Treiber oder Bremser der Digitalisierung? Bleibt er der «König des Bauens» und Gesamtprojektleiter, der alle Prozesse koordiniert und mit dem Gesamtkonzept im Hinterkopf steuert oder massgeblich beeinflusst?
Der Baukünstler und Hauptbaumeister
Der Begriff Architektur leitet sich sowohl aus dem Lateinischen, wie auch aus dem Griechischen ab, wobei die beiden Sprachen nicht dasselbe darüber aussagen. Aus dem Lateinischen wird es als «Baukunst» übersetzt, aus dem Griechischen als «Hauptbaumeister». Zusammen ergibt es eine interessante Kombination, die den Entwurfs- wie auch den Bauprozess beinhaltet. Für eine lange Zeit hatte dies für viele Projekte seine Gültigkeit. Welche Rolle kann ein Architekt heute im zunehmend digitalisierten Bauen einnehmen?
Davon ausgehend, dass Architektur nicht nur finanzielle und technische Aspekte berücksichtigt, sondern sich mit dem Gesamtkonzept eines Gebäudes auseinandersetzt, bleibt dem Architekten nach wie vor eine zentrale Rolle im Bauprozess erhalten. Oder anderes gesagt und gefragt: Wer soll sich damit auseinandersetzen, dass an einem bestimmten Ort, das passende Gebäude mit dem höchsten Nutzen für die Bewohner bzw. Nutzer entsteht? Wer bezieht die Quartier- und Stadtplanung mit ein? Wer fügt die Ansprüche aller Stakeholder zu einem Ganzen zusammen? Der Bauherr, Architekt, Ingenieur, Planer, Investor, Bauzulieferer, Ausführende oder Facility Manager? Um Architektur nicht nur aus finanziellen Aspekten nützlich zu machen, braucht es jemanden, der dies tut. Architektur trägt auch gesellschaftliche Verantwortung, sie soll Nutzen stiften und funktionieren.
Ein digitales Korsett?
Der Architekt sieht sich durch digitale Prozesse hoffentlich nicht seiner Kreativität und gestalterischen Freiheit beraubt und in Building Information Modelling ein «digitales Korsett». Es gibt nach wie vor Bedarf an einem «Hauptbaumeister», der neben dem Entwurf und der Ästhetik ganzheitliche Ziele verfolgt, berät und sich auch durchsetzen kann.
Digitales Planen und Bauen bringt eine Reihe von Veränderungen mit sich: Da sind die Parallelen zur Softwareentwicklung mit agiler, rollender Planung. Dazu neue Formen der Kollaboration mit parallelen anstatt seriellen Prozessen. Dies setzt ausgezeichnete Kommunikation voraus, um alle Parteien an einen (digitalen) Tisch zu bringen und auf Augenhöhe zu diskutieren. Daniel Libeskind hat einmal gesagt: «Ich sehe Architektur als kommunikatives Gewerbe, egal ob es sich um ein Gebäude oder eine Stadt handelt: Es geht immer darum, eine Geschichte zu erzählen, die mit der Vergangenheit und der Gegenwart zu tun hat, aber natürlich auch mit der Zukunft.» In diesem Sinne haben Architekten nach wie vor eine gute Ausgangslage, um eine wichtige Rolle auch in der Zukunft des Bauens zu spielen.
Interessant, dass der Begriff Architektur sich sowohl aus dem griechischen, als auch aus dem Lateinischen abwandelt! Was mich besonders an Architektur reizt, ist, dass sie den gesamten Bauprozess im Blick hat. Ich werde diesen Sommer glücklicherweise innerhalb eines Praktikums Einblicke in diesen Beruf sammeln können.